Ein Blinder, die Stimme aus dem Busch und der Sommerlaufcup: Trainingdiaries
Die Geschichte von Harald Rother, dem blinden Wiener, der mit Stock läuft, werde ich demnächst andernorts – in „Rotte rennt“ – ausführlich erzählen. Doch auch sonst bot dieser Sonntag ein feines Sammelsurium netter Impressionen: Meine Feunde liefen beim Sommerlaufcup, während ich meinen ersten post-grippalen Zwölfer runterwuzelte. Und aus dem Gebüsch erhob sich „Hausmeister´s Voice“.
Die Geschichte von Harald Rother ist tatsächlich außergewöhlich. Deshalb möchte ich sie hier nur in aller Kürze anreissen – und vertröstet Sie auf kommenden Mittwoch, wenn ich die Vollversion meines Treffens mit dem 60-jährigen Blinden in „Rotte rennt“ erzählen werde. Vorab – als Teaser & Cliffhanger: Rother ist von Geburt an praktisch blind, ließ sich aber nie in die Armutschgerl-Ecke des ach so bedauernswerten, aber nicht ernst zu nehmenden Behinderten abschieben: Er lief (und läuft), ritt, fuhr Rad und Motorrad und schwamm – und tat (und tut) auch sonst alles, was Menschen eben tun, wenn es ihnen Spaß macht.
Dass er nebenbei in seiner Jugend eine Halbmarathon-PB mit 1:19:33 hinlegte und mit einer Staffel bei den österreichischen Meisterschaft den zweiten Platz belegte, erwähne ich hier nur kurz. Auch, dass man ihm – es waren die 70er – damals die Medaille verweigerte: Rother war mit den „normalen“ Läufern seines Vereins in der Staffel mitgelaufen. Das, fand man im Reich der Funktionäre, sei unerhört und gehe gar nicht: Wo käme man hin, wenn ein Behinderter auf Augenhöhe mit Nichtbehinderten … und so weiter. Eklige Sache. Sportgeschichte, an die heute keiner erinnert werden will …
Anyway: Rother ist ein spannender Mann. Mit einer faszinierenden Geschichte – und einer unendlich positiven, lebensbejahenden Ausstrahlung. Mehr über Harald Rother, wie gesagt, demnächst im Standard-Laufblog..
Die Stimme aus dem Busch
Ansonsten war es am Sonntag im Prater aber auch nicht fad: Da fand der 3. Lauf des Wiener Sommerlaufcups statt. Und auch wenn das Starterfeld da nicht megagroß ist, sind es gerade solche Events, die das Lauf-Leben einer Stadt mit Leben erfüllen und ausmachen.
Ein oder zwei Großevents alleine sorgen nämlich gard für ein bissi Krach – die nachhaltige Lauf- und Leistungsvergleichsinfrastruktur für Normalos und Nicht-ganz-Normalo-Läuferinnen und -Läufer wird aber von Menschen wie Karl Benesch (dem Sommerlaufcup-Organsiator) geschaffen.
Benesch hat zwar auch schon viel gehört, aber dass ihm während er einen Lauf moderiert eine Stimme aus dem Busch antwortet und ihm den Mund verbieten will, noch nie. „Hoit de Papp´n, wen interessiert des, wos du do redst?!“ erscholl es da krächzend-übersteuert aus dem Gebüsch neben dem Zielbogen: Der Wirt oder die Besatzung jenes Lokals am Heustadlwasser, das nach allen Gesetzen der Erholungszonen-Gastronomie eigentlich ein superfeines Jausenlokal sein müßte, aber halt genau das Gegenteil ist, taten per Megaphon ihrem Unmut über die Störung der Trinkerruhe kund.
Eh lustig – und Benesch nahm es mit Humor: „Ich hab denen einen Zehner gezahlt – damit sie für ein bisserl Unterhaltung sorgen.“
Die aktiven Läuferinnen und Läufer bekamn davon freilich nix mit: Die liefen ja.
Ich nicht: Ich bin erst den dritten Tag von einer Leider-nicht-bloß-Männerschnupfen-Grippe auferstanden und war eigentich nur da, weil ich Harald Rother getroffen hatte – und jetzt ein Freunde anfeuerte. Die gaben sich hier in deftiger Schwüle entweder den 7er oder den Halbmarathon. Und ich war richtig neidig.
Ein bisserl bin ich dann aber doch noch gelaufen. Teils einfach so, teils gemeinsam mit dem einen oder der anderen Bekannten – aber die zwölf Kilometer, die ich ingsesamt runtergewuzzelt habe waren auch ein bisserl eine Mahnung: Bis ich wieder richtig fit bin und auch nur dran denken kann, wieder Gas zu geben, wird es noch ein bisserl dauern.
Setup
Schuhe: Saucony Kinvara 8
Gear: Skinfit, Garmin Forerunner 935, Gopro