Heliskiing am Arlberg: Huben in Stuben
Heliskiing ist zwar nicht unumstritten, aber sobald man im Hubschrauber sitzt, einfach nur geil. Bei einem Kurzbesuch in Stuben überraschte mich eine spontane Einladung zum „Huben“: Es gibt Angebote, die man nicht ausschlägt.
Geplant war die Heliskiing-Sache nicht. Keine Sekunde lang. Denn Dieter Heidegger hatte mein Facebook-Posting über einen ziemlich geilen Montag am Arlberg wohl eher zufällig gefunden: Für eine ganz andere Geschichte – einen erst demnächst erscheinenden Artikel über erste Gehversuche auf Langlaufskiern in meinem Standard-Laufblog „rotte rennt“ – waren wir nach Stuben gefahren. Dort lebt Markus Kegele. Der ist nicht nur Chef und Besitzer des „Hotel Mondschein“ ebendort, sondern längst auch ein sehr guter Freund.
Als ich ihm von meinem Plan einer kurzen Langlauf-Story erzählte, meinte er „das geht hier auch“. Aber das – Langlaufen, Stuben und die Mondschein-Story – sind zwei ganz andere Geschichten, die hier und anderswo noch erzählt werden werden. Aber ich gebe offen zu: Es ist nicht ausschließlich schrecklich, grauenhaft und elend, wenn einen der Job, den man an sich schon sehr gerne macht, auf den Lieblingsberg in den Lieblingsort und dort ins Lieblingshotel führt. Und man dann auch noch Zeit zum Skifahren hat. Noch dazu mit guten Freunden unter perfekten Bedingungen tut.
Aber dann kam das Tüpfelchen auf dem „i“. Dieter Heidegger meldete sich. Er schrieb lediglich zwei Worte.
Heidegger, das zur Erklärung, ist – unter anderem – der Pressemann des Vorarlberger Helikopterunternehmens „Wucher-Helicopter„. Die Firma ist eine der großen im Hubinger-Geschäft in Österreich – und die einzige, die hierzulande Heliskiing anbietet. Aus mehreren Gründen.
Der wichtigste: Der Heli-Flug zum Schnee ist hierzulande eigentlich nicht erlaubt. Mit einer einzigen Ausnahme: Am Arlberg. Dort dürfen die Chopper vom Flexenpass aus genau zwei Gipfel anfliegen: „Mehlsack“ (2652m) und „Schneetäli“ (2450m). Der Hintergrund für die restriktive Vergabe der Flug-Ski-Lizenzen sind Umwelt-, Natur- und Lärmschutz. Und auch wenn ich diese Gründe – in den engen und dicht bevölkerten Alpenregionen – durchaus nachvollziehen kann, weiß ich halt noch etwas: Heliskiing ist geil. Endgeil.
Das sage ich auch, weil ich weiß, wovon ich rede: Ich habe schon einmal – vor Jahren – im Standard über das Heliskiing hierzulande geschrieben.
Außerdem war ich schon dort, wo Heliskiing dann deutlich mehr ist, als der einmalige und kurze Flug auf einen von zwei Gipfeln mit lediglich einer Abfahrt runter ins reguläre Skigebiet. Ebenfalls für den Standard, aber auch für diesen Blog hier, war ich drei Jahre drauf ein paar Tage in Gudauri. Das liegt im Kaukasus. Dorthin laden die Wuchers unter anderem Skifahrer ein, die beim Flug auf den Mehlsack Heliski-Blut geleckt haben – und mehr wollen.
Das ist praktisch jeder, der da am Arlberg in drei Minuten auf einen von zwei Gipfeln geschraubt wird, für den man zu Fuß und mit Fellen locker drei Stunden einplanen darf. Der Haken an der Sache ist halt, dass der Spaß das Gegenteil von billig ist. Also ist die Zielgruppe – vergleichsweise – klein. Darüber habe ich auch schon geschrieben. In der Presse.
Gudauri war – ich sage es ganz geradeaus – der Hammer. Auch weil ich dort gleichzeitig mit Benni Raich war. Wenn man mit einem Olympia-Superstar drei Tage einen engen Hubschrauber und weite Landschaften teilt, lernt man den Menschen ein bisserl kennen. Das ist etwas ganz Besonderes.
Aber egal: Das war einmal. Vor Jahren. Jetzt, hier, heute, war ich ohne Auftrag, ohne Story im Kopf oder Redaktion im Rücken am Berg. Und die Kohle für einen Heliflug auf den Gipfel habe ich nicht in der Hosentasche. Das sagte ich auch Dieter Heidegger – aber der ließ sich nicht abschütteln: „Wollts Fliegen?“ No na. Es gibt Angebote, die man nicht ablehnen kann.
Also flogen wir. Zu dritt. Markus, Marcus und ich. Als – sagen wir mal – „Sub-Gruppe“ einer Vater-Sohn-Sohn-Partie aus Boston, die der Bergführer Tom Schnabl eine ganze Woche über und auf die Gipfel und Hänge des Arlbergs jagte.
Wir waren die ersten, die an diesem Tag auf den „Mehlsack“ flogen – und weil es am Tag davor neblig war und ab dem Nachmittag bis in den frühen Morgen geschneit hatte, hatten wir grandiosen Schnee. Nicht hüft- oder schulterhoch – aber doch hoch genug. Hoch genug, um zu schweben. Hoch genug, um zu fliegen. Hoch genug, um im Himmel zu sein.
Ach ja: Die Sonne schien ansichtskartenkompatibel. Und als wir – Markus, Marcus & ich – oben anschnallten, war alles fast irreal. Unglaublich. In jeder Hinsicht. Und unbeschreiblich. Ja,es war nur eine Abfahrt. Aber die konnte mehr. Konnte alles. War genug für einen Tag. Für eine Skiwoche. Oder noch mehr: Noch besser, noch schöner, noch intensiver konnte es unmöglich werden.
Erst als wir wieder unten im Tal waren, im Gewimmel und Gewusel der Skitouristen von Lech, am Weg zurück ins Mondschein um zu packen und uns auf die lange Fahrt zurück nach Wien zu machen, fanden wir – langsam – wieder Wort. Und verstanden:
Planen kann man so etwas nicht. Es muss einem passieren. Und wenn man Glück hat, genügen dafür zwei Worte: „Wollts fliegen?
Zur Compliance:
Der Aufenthalt in Stuben war eine Einladung von „Hotel Mondschein“ und Stuben-Tourismus, der Heliskiing-Trip eine spontane Idee von Wucher-Helikopter.