Laufgeschichten: Gimme Shelter
„Gimme Shelter“. Manchmal spürt der iPod, was gleich kommt: Eigentlich hätte es ein 0815-Lauferl werden sollen. Im Sonnenfenster zwischen den kalt-trüben Tagen: Elf Grad, sonnig, böiger Wind. Nice. Harmlos. Und schön.

©Tom Rottenberg
So war es dann auch: Ein schöner lockerer Lauf vom Millenniumtower donauaufwärts, über den Steinitzsteg. Dann auf der Insel runter bis zur Tangente – und in den Prater.
Aber es wurde eben doch ein bisserl mehr: Gimme Shelter. Der iPod hatte es vorhergesagt.

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Wir – Sie und ich – sind freiwillig da draussen. Das ist gut so. Und auch kein Grund, sich für irgendwas zu genieren. Oder ein schlechtes Gewissen zu haben: Ja, mir – uns – geht es gut. Mehr als gut. Und: Ja, ich liebe mein Leben. Meine Komfortzone. Meine kleine, (fast) perfekte, heile Welt: #whyilovevienna ist mehr als ein Hashtag.

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Aber das gibt mir nicht das Recht, wegzuschauen. Im Gegenteil:
Hinschauen. Stehenbleiben. Fragen. Soviel Zeit ist. Muss sein.
Auch wenn ich im Vorhinein weiß, dass die Antwort „ich brauch nix“ lauten wird. Egal ob eingeschüchtert oder aggressiv-abwehrend. Ob mit oder ohne „Danke“: Darum geht es nicht. Sondern darum, was wäre, wenn keine Antwort käme. Weil der im Zelt, der unter der Plane, der unter dem Bau-Wohnwagen, der im Verschlag aus Ästen und Müllsäcken nicht mehr antworten kann – und ich achtlos vorbeirenne.

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Darum: Hinschauen. Fragen. Sich ein Bild machen. Erst dann weiterlaufen.
Ohne schlechtes Gewissen. Aber auch nicht als Held. Sondern mit dieser kleinen Spur Demut und Dankbarkeit für das, was ich habe: Ja, mir geht es gut. Weil ich es mir aussuchen kann: Wir sind nämlich freiwillig da draussen. Das macht mehr als einen kleinen Unterschied aus – das ist der Unterschied.
„Gimme Shelter“ hat in Wien eine Telefonnummer. Die des Kältetelefons der Caritas: 01-480 45 53.
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- „Bitte keine Polizei!“ Sicher nciht. Stattdessen: Caritas. Kältetelefon.©Tom Rottenberg
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- Under the Bridge: In diesem Zelt leben zwei Männer – und zwar bei jedem Wetter. ©Tom Rottenberg
- Nicht wegschauen: Wer mit offenen Augen die Insel runter läuft und nur drei Meter vom Hauptweg abzweigt, findet sicher sechs oder sieben Camps. ©Tom Rottenberg
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Setup
Schuhe: Brooks Racer ST5
Outfit: Skinfit,
Tracker: Garmin,
Camera: GoPro