Punta Skala Triathlon: Das Feld nach hinten aufrollen
Beim dritten Punta Skala Triathlon Anfang Juni in der Nähe von Zadar trat neben der gesamten kroatischen Tri-Elite auch ein wackeres Häuflein österreichischer Athleten und Athletinnen an: Die Staffel aus Österreich wurde von Olympia-Triathletin Sara Vilic angeführt.
Natürlich klingt das super: “Führender” ist schließlich ein tolles Etikett. Es klingt fast schon nach „Sieger“ – wenn auch nicht ganz. Ein bisserl noch. Und noch ein bisserl. Und noch eines. Und dann, wenn man über die Ziellinie rauscht und die Arme hochreißt und jubelt, dann hat man gewonnen. Oder auch nicht.
Denn das Blöde am „Führender-Sein“ ist systemimmanent: Man wird gejagt. Und wenn hinter einem die komplette nationale Elite eines Landes in einer spezifischen Sportart auf der Strecke ist, man selbst aber einfach mal Hobbyathlet ist, dann geht sich das mit dem Sieg eher nicht aus. Nicht ganz. Aber: Immerhin wurde das „Austria-Olympian-Mixed-Relay“ beim Staffel-Bewerb des Punta-Skala-Triathlons nicht letzter. Und das ist auch was wert. Und zwar gar nicht wenig.
Punta Skala – die Urlaubshalbinsel
Aber der Reihe nach: Vergangenen Sonntag, am 5. Juni 2016, fand auf einer malerischen Halbinsel an der dalmatinischen Küste in Kroatien der 3. Falkensteiner Punta-Skala-Triathlon statt. Punta Skala ist der Name der Halbinsel nahe der wunderschönen Küstenstadt Zadar. Und Punta Skala ist auch der Name eines Ferienresorts, das die aus Südtirol stammende Hotelkette Falkensteiner ebendort errichtet hat: Ein Super-Duper 5-Sterne-Haus (das Iadera), eine für Familien mit Kindern optimierte 4-Sterne-S-Hotelanlage (Diadora), eine Luxus-Apartment-Anlage mit Kaufoption (Senia) und eine kostengünstige Komfort-Apartment-Anlage (Petrcane). Jeweils in Geh- aber nicht in Hörweite voneinander. Jeweils mit genau jenen Features und Angeboten, die die jeweilige Zielgruppe im Urlaub sucht, will und schätzt. Und – da Halbinsel – abgeschieden von den großen Touristenströmen, aber eben doch perfekt an die regionale Infrastruktur angeschlossen und bequem, rasch und auf perfekt ausgebauten Autobahnen in erreichbarer Nähe zu Österreich.
Kroatien ist mittlerweile das liebste Urlaubsland der Österreicher: 19 Prozent – also jeder Fünfte – würde am liebsten hier den Sommer verbringen. Das ist – erstmals – nicht nur der Sieg von Istrien, Dalmatien & Co bei den Wunsch-Ziel-Rankings im Ausland, sondern auch ein deutlicher Vorsprung vor innerösterreichischen Zielen: Der Inlands-Sommerurlaub liegt da nämlich nur bei 15 Prozent der Österreicher an allererster Stelle.
Punta Skala passt da perfekt. Und dass ebendort am ersten Juniwochenende zum – bereits dritten Mal – der “Falkensteiner Punta Skala Triathlon“ über die Bühne, also die Halbinsel, ging, hatte nicht nur kroatisch-sportliche Relevanz – sondern ist auch ein Signal nach Österreich. Weil man hier, in Dalmatien, eben nicht nur wohlig und bestens umsorgt in der Sonne braten und im Meer plantschen kann, sondern auch Sport und Training unter Top-Bedingungen möglich sind. Ok: Vielleicht nicht unbedingt im Juli und August und in der prallen Mittagssonne – aber sonst dafür fast immer. Und zwar auch dann, wenn in Österreich Radfahren, Laufen und Schwimmen nur noch etwas für die ganz Hartgesottenen ist.
Punta Skala – der Triathlon
Der Triathlon in Punta Skala – heuer über die Halbdistanz – zählt auch für die kroatischen Staatsmeisterschaften. Dementsprechend stark besetzt war das Starterfeld. Zu allen Bewerben – neben dem Hauptevent gab es als Rahmenprogramm einen Supersprint-Tri, einen kurzen Aquathlon, zwei Laufbewerbe sowie die Option, die Mittelstrecke als Staffel zu absolvieren – hatten sich insgesamt rund 500 Athletinnen und Athleten angemeldet. Angesichts der Tatsache, dass Multisportevents in Kroatien den Sprung vom Liga- zum Jedermann-Event noch nicht geschafft haben, eine sensationelle Zahl: Im Vorjahr war die Starterzahl – obwohl da nur die doch populärere Olympiadistanz als Hauptbewerb am Plan gestanden hatte – nicht einmal halb so hoch gewesen.
Und: Auch wenn die Namen der Athleten und Athletinnen, die hier antraten außerhalb der kroatischen Szene kaum bekannt sind, war es eben doch das nationale Who-is-Who, das sich hier messen wollte.
Ein paar Österreicher und Österreicherinnen waren aber doch dabei: Allen voran Sara Vilic. Die österreichische Triathlon-Olympionikin trainiert normalerweise in Kärnten. Für die Intensivtrainingsphase vor den Spielen in Rio hat sie sich allerdings für Punta Skala als Trainings-Hauptquartier entschieden: Zum einen, weil Klima, Infrastruktur und Region eine perfekte Vorbereitung ermöglichen. Zum anderen aber auch, weil Kroatien einerseits weit genug von daheim entfernt ist, um vor Ablenkungen durch Freunde, Verwandte und das Freizeitangebot Kärntens „sicher“ zu sein, andererseits der Weg nach Hause – etwa zu Presse-, Betreuer oder Arztterminen auch während eines mehrwöchigen Camps nicht zu mühsam ist.
Punta Skala – das Starterfeld
Freilich: Vilic ist Olympia-Tri-Weltklasse. Die Halbdistanz aber ist eine ganz andere Welt. Im Wettkampf hat Vilic die 1,9-90-22 noch nie absolviert – und so knapp vor Olympia wäre das als „First“ auch alles andere als schlau oder sinnvoll. Auch nicht als „Trainingsmatch“, schließlich sagt die 24-Jährige Villacherin nicht grundlos, dass sie auch bei Trainingswettkämpfen nur ein Gas kennt: Vollgas. Aber die Staffelteilnahme, lachte Vilic, könnte schon „lustig“ sein. Der Open-Water-Part im schon jetzt urlaubsbadewarmen Meer passe auch perfekt in den Trainingsplan.
Die anderen beiden Staffelteile wären dann eben noch zu besetzen. Die Falkensteiner-Gruppe hatte ein paar Journalisten eingeladen, sich den Event anzusehen – und Tri-Luft zu schnuppern. Aber gleich die Halbdistanz? In DIESEM Starterfeld? Schon ein bisschen Hardcore.
Doch Natascha Marakovits (Kurier) wagte es: Die versierte Marathonläuferin würde den Halbmarathon, den dritten Teil der Staffel, laufen. Doch für die 90 Kilometer am Rad wollte sich niemand finden. Supersprintbewerb, Zehn-Kilometer-Lauf, Aquathlon? Gerne doch. Jederzeit. Aber zwischen 150 durchtrainierten Tri-„Viechern“ auf Hi-Tech-Rennmaschinen zum Kleinwagenpreis auf 90 Kilometern gezeigt zu bekommen, wo Gott wohnt und wie er in aerodynamischer Idealhaltung durch und über eine hügelige Landschaft pflügt? Das ist für „normale“ Hobbysportler dann doch ein richtig dickes Brett. Aus Hartholz. Und zwar für den Handbohrer.
Also durfte ich fahren. Und ich tat es gern. Sehr gerne sogar. Auch wenn ich vor der Aufgabe, der Strecke und den Mitbewerbern mächtig Respekt hatte: 90 Kilometer am (normalen) Rennrad sind für mich eine anständige, aber nicht unbewältigbare Strecke. Allerdings bin ich Komfort-Rennradler: Gemütlich, mit Freunden. Abwechselnd im Wind und im Windschatten. Mit Espresso- und Jausenpausen. Und: Ohne Aufleger. Fast nie in den Lenkerhörnern. Und nie auf Kampflinie. Kurz: Das Gegenteil von Tri-Wettkampf-Modus in einem Bewerb, bei dem de facto ausschließlich Liga- und Vereinsathleten antreten würden. Ich war gespannt.
Start war um 7 Uhr morgens. Der Schwimmkurs führte rund um die Halbinsel. Bojen an der rechten Schulter.
Sara Vilic schwamm der kroatischen Elite vom Start weg davon – und kam mit respektablem Vorsprung in die Wechselzone: „Viel Spaß“, rief sie mir nach – und ich rannte los.
Als ich aufs Rad sprang und an den ersten Schiedsrichtern, Streckenposten, Zusehern und Betreuern vorbei fuhr, sah ich das Staunen in den Gesichtern: Wer zum Henker, sagten die Mienen, ist das? Aber alle jubelten mir zu und feuerten mich an. What a Feeling! Und das Führungsmotorrad vor mir (versetzt, eh klar) mit dem Unparteiischen, der mir ein Thumbs Up gab, als wir die kurze, nicht komplett für den Straßenverkehr gesperrte, (aber perfekt abgesicherte) Strecke bis zum gesperrten Hauptkurs absolvierten: Ich war der Führende! Race-Leader! Erster! „Leader of the pack!“
Blöderweise hatte mich das „Pack“ – im Sinne des englischen „Rudels“ – dann aber bald am „Gnack“ (im Sinne des wienerischen „Genick“): Sobald die kroatischen Athleten aus dem Wasser, aus den Neoprenanzügen und aus der Wechselzone waren, war mein Ruhm Geschichte: Bamm – Bamm – Bamm – Bamm zog einer nach dem (und der) anderen an mir vorbei. Tief über den Lenkern ihrer ratternden Maschinen. Im typisch-futuristischen Look der harten Hunde eines harten Rennens: Mein Glück hatte ziemlich genau eineinhalb Kilometer gedauert.
88,5 Kilometer später kam ich wieder in die Wechselzone. Drei Stunden und fünf Minuten Fahrzeit hatte meine Uhr angezeigt, als ich vom Rad gehüpft war. Immerhin nicht als Letzter. Aber das lag wohl eher am gewaltigen Vorsprung, den Sara Vilic auf die langsameren Schwimmer herausgeholt hatte, als an meiner Fahrerei. Trotzdem war ich stolz – und gab Natascha Marakovits das Chip-Band.
Die hatte jetzt den härtesten Part vor sich: Es war fast Mittag – und nicht nur sonnig und heiß, sondern auch noch schwül. Marakovits läuft – wie ich – am liebsten bei einstelligen Temperaturen. Und so malerisch die Laufstrecke ums Resort – immer wieder den Strand entlang – auch ist: Das, was Dalmatiens Küsten so wunderschön macht, kann Läufer und Läuferinnen in einem Wettkampf schon auch fertig machen.
Kleine, verträumte Buchten? Das bedeutet: Wege mit vielen Kurven. Malerische, pittoreske Aussichtspunkte? Für Läufer: Es geht rauf und runter. Und das über die Halbmarathondistanz: Die Kurier-Redakteurin aber hat Biss. Und rannte. Sie holte etliche von mir verlorene Plätze auf. Und auch wenn die meisten anderen schon Schwimmen und Radfahren in den Beinen hatten: Gegen DIESE Konkurrenz zu bestehen, bedeutet schon einiges.
Das betonten – nach dem Ende der Qualen – nicht nur unsere „Verbündete“ Sara Vilic, sondern auch die kroatischen Liga-Sportler, als sie sich erkundigten, in welchen Vereinen und mit welchen nationalen Wettkampfrankings wir denn so unterwegs seien. „Was? Einfach nur Hobbysportler? Respekt!“
Punta Skala – das Ergebnis
Unsere Zeit? Irrelevant. Fünf Stunden 25 Minuten und 33 Sekunden. 59 Minuten hinter der schnellsten Staffel (4:26:00).Und noch einmal 23 Minuten hinter dem Sieger: Dejan Patrcevic hatte 4:03:32 vorgelegt. Na Servus.
Als Sieger fühlten sich trotzdem alle. Die Läuferinnen und Läufer, die Schnupper-Triathleten – und sogar die, die verletzungsbedingt „nur“ zugeschaut hatten: „Ein toller Event an einer tollen Destination, die alles und mehr kann, wofür wir bisher auf Trainingscamps auf Mallorca, Fuerte oder sonstwo lange und mühsame Anreisen in Kauf nehmen mussten.“
Und auch Sara Vilic strahlte – mit einem spitzbübischen Lachen: Da es keine eigenen Staffel-Finisher-Medaillen gab, hängte man der „Austrian Mixed Olympic Relay“-Staffel nämlich reguläre Tri-Finisher-Medaillen um. Und Sara kam aus dem Lachen kaum mehr raus: „Super! Ich habe meine erste Halbdistanz-Finisher-Medaille! Das steht da schließlich drauf … Rio kann kommen!“