Der Moment, wenn…: Bestimmt kein Ethnic Profiling auf der Wiesn
Der Moment, wenn du beschließt, wieder zu gehen. Weil die Wiener Wiesn einfach nicht dein Ding ist und wohl auch nie werden wird.
Weil du, wenn du nicht mit einem Rudel Freunden hier bist sondern dienstlich und allein, einfach nicht auf den Wiesn-Zug aufspringen kannst.
Und Du denen, die hier sind und einfach nur ihren Spaß haben wollen, den wirklich weder verderben noch schlechtreden willst: Regel seins – jedem seins. Drum bin ich raus hier: Niemand braucht mich hier als Spaßbremse – und die Leute haben hier ja wirklich Spaß.

©Tom Rottenberg
Und weil du, wenn du raus bist, auch gleich ganz draussen bist. Und du dann dann nicht bloß vor dem Festzelt mit der Loge deines Gastgeber stehst, sondern vor dem Haupteingang zur Wiener Wiesn.
Weil du dann mit Freunden telephonierst, wie der Abend weitergehen könnte – und dir dann plötzlich was auffällt.
Nämlich dass es da ein System des Nichtreinlassens aufs Wiesn-Gelände gibt.
Und dein erster Gedanke ist, dass du dich hüten wirst, da von „Ethnic Profiling“ durch die Securities am Gelände-Eingang zu reden.

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Weil es natürlich in jedem Abweisungs-Einzelfall absolut erklärbare und tatsächlich nicht auf Hautfarbe oder andere an ethnischen Zugehörigkeitsindizien auch nur annähernd fest zu machende Kriterien und Gründe fürs Nicht-Reinlassen gibt.
Weil es ja tatsächlich so ist, dass da um die Einhaltung eines rustikalen Dresscodes gebeten wird.

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Und es natürlich zu 100 Prozent stimmt, dass das dann drinnen ein stimmigeres Gesamtbild abgibt – und das für die Stimmung nicht unwesentlich ist.
Und es halt tatsächlich Fakt ist, dass junge männliche – sagen wir mal -„Orientalen“ relativ selten in Lederhosen daherkommen.

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Und dieses Feststellung hat nix mit „Wiener Wiesn Profiling“ zu tun und ergo auch keinen rassistischen … Und so weiter.
Es aber dann trotzdem irgendwann – wenn man zehn oder 15 Minuten vor dem Wiesn-Gelände steht – auffällt, dass diese Regeln nicht immer und nicht bei allen, die Einlass begehren, gelten.
Und Du dann – genau deshalb – doch noch einmal reingehst.
Weil du selbst nämlich genau gar nix anhast, was dem Dresscode auch nur annährend entspräche.

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Und du trotzdem nicht einmal stehen bleiben musst, wenn du aufs Wiesn-Gelände gehst.
Und du dann beschließt, das einfach als Zufall und Momentaufnahme deines zehnminutigen Verweilens vor dem Eingang zu bewerten.
Weil alles andere unerträglich wäre.
Und du dann, während du reingehst, eine Gruppe Trachtenträger mit steirischem Akzent frohlocken hörst: „Siehst, die Wiener machen doch was richtig: Endlich zeigt man denen einmal ganz offen, dass sie hier nicht erwünscht sind.“
Und die ganze Gruppe johlt.
Und du beschließt, auch das als Momentaufnahme und Zufall abzuspeichern.
Obwohl es unerträglich ist.

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