Xenia – Die Dusika-Turnerin vom Faschingsdienstag und die Spannerfotos
Xenia ist 16 Jahre alt. Turnerin. Am Faschingsdienstag trainierte sie im Dusika-Stadion kostümiert. Eigentlich nix Besonderes. Aber dann fragte ich ihre Trainerin, ob ich Xenia fotografieren dürfe.
Xenia ist 16. Und eigentlich kenn ich sie nicht nur nicht, sondern hatte bis gestern auch keine Ahnung davon, dass sie am gleichen Ort trainiert wie ich: Während ich im Wiener Ferry Dusika Hallenstadion meine Runden laufe, Harald Fritz – der Chef vom Team Ausdauercoach – mir sagt, dass ich gefälligst mehr Gas geben solle und auf der Bahn oberhalb von mir die Bahnradfahrer ihre Runden ziehen und auch noch Stabhochspringer und Hürdenläufer im Inneren der Laufbahn ihr Ding abziehen, trainiert Xenia hier am Reck, am Barren, auf der Matte: Turnerin heißt das.
Doch abgesehen davon, dass ich da beim Vorbeirennen aus dem Augenwinkel Leistungen sehe, von denen ich weder in meiner Jugend noch – geschweige denn jetzt – auch nur ansatzweise geträumt hätte, bekomme ich von der Welt in der Xenia lebt und trainiert nichts mit.
Um nicht missverstanden zu werden: Ich bewundere die Kids. Ihre Leistungen. Ihren Ehrgeiz. Und alles, was sie tun – aber ich lebe und sportle auf einem anderen Planeten.
Aber darum geht es hier nicht. Auch nicht darum, dass Xenia mit vollem Namen Xenia Samstag heisst, neben dem Kunstturnen auch noch Eiskunstläuferin ist (Wiener Meisterin, sagt Harald Fritz) und gestern Faschingsdienstag war. Also eigentlich ja doch. Denn irgendwann fiel mir eben auf, dass drüben, bei den Kunstturn-Kids nicht alle im Trikot ihre Salti schlugen, sondern eine im Zebratigernickyplüschoverall herumturnte. Am Reck. Am Balken. Übers Pferd. Und so weiter: Xenia.
In einer schmucklos-nüchternen Halle wie dem Dusika-Stadion fällt sowas auf. Ein fröhlicher, verspielter bunter Farbklecks der Unernsthaftigkeit inmitten eines sonst doch eher spaßbefreiten Umfelds, in dem Kostüme, Spaß, Blödelei und Leichtigkeit meist wenig Platz haben. Auch am Faschingsdienstag bietet sich da eigentlich kein anderes Bild als sonst.
Ich fand das nett. Und wollte es festhalten. Und weil ich erstens prinzipiell keine Fotos von Menschen in einem privaten oder halbprivaten (also nicht qua AGBs oder Teilnahmebedingungen auch als Foto-Zone deklarierten) Umfeld mache und da bei Kindern dann sowieso noch strenger bin, ging ich eben rüber – um zu fragen.
Ich wusste nicht wie alt Xenia ist. Also fragte ich sicherheitshalber dort, wo ich sicher sein konnte: Die Trainerin. Die war eindeutig erwachsen und volljährig. Ganz abgesehen sehen es Trainer nicht so gerne, wenn man ihre Sportler aus dem Training rausfischt, ohne dass sie wissen wieso. Das verstehe ich.
Xenias Trainerin lachte: „Gar kein Problem – wenn Xenia einverstanden ist.“ Xenia nickte „Ich bin aber heute nur noch am Boden.“ Macht nix. Sicherheitshalber fragte ich die Trainerin ein zweites Mal: Und ein paar Bilder auf Facebook oder im Blog … „Ja, danke dass du fragst.“
Als ich schon wieder im Gehen war – ich hatte ja noch ein paar Runden zu laufen – rief mich die Trainerin nochmal zurück: „Das ist übrigens das erste Mal, dass überhaupt wer fragt.“
Ringsum wuselten Kinder herum. In engen Trikots. Machten Spagat, Grätschsprünge und was man beim Kunstturnen halt sonst noch so macht. Die Trainerin sah mich an. „Die Leute fotografieren einfach drauflos. Und das sind Kinder.“ Pause. „Aber: Was soll ich denn tun?“
Ich nickte. „Vielleicht sind ja nicht alle so …“, versuchte ich lahm, kam aber nicht weit: Der Gesichtsausdruck der Frau war eindeutig.
Ob ich nicht vielleicht doch lieber nicht fotografieren … „Nein, nein, das ist wirklich ok. Allein dass du fragst macht schon den Unterschied aus. Und zwar genau den, um den es dann auch bei den Bildern geht.“